
Mal ein anderes Kreuz anfahren?
Es muss ja nicht immer nur der Kalvarienberg von Gressenich sein!
Als ich von Uwe gefragt wurde, ob ich nicht Lust auf ein Trial am Comer-See hätte, habe ich nach kurzer Überlegung zugesagt. Normalerweise mag ich keine langen Anfahrten zu einem Trial für nur ein Wochenende, aber die Mitfahrgelegenheit zum Old Trial Cup Mitte April nach Caglio, oberhalb des Comer Sees wollte ich mir nicht entgehen lassen. Von der Abfahrt am Freitagmorgen bis Basel ging es noch zügig. Dann ging es in den Osterferienstau durch Basel, einspurig durch den Gotthardtunnel und im Feierabendverkehr durch Como über die Grenze nach Italien. Zwölf Stunden für 850 km sind einfach nervig und anstrengend. Bei Antipasti, Pizza und italienischem Bier ist das aber bald vergessen.
Am Samstagmorgen stehen wir zeitig in der Anmeldeschlange. Da mein Arzt Trial nicht kennt, berechtigt mein zwingend benötigtes Gesundheitszeugnis zur Teilnahme an einer Moto-Cross Veranstaltung. Soweit kein Problem, eine Lizenz oder Fahrzeugpapiere will auch keiner sehen. Kurz danach stehen wir dann mit einigen Deutschen, Engländern, Schweizern, einem Luxemburger und ca. 150 Italienern in der Schlange vor der Arena von Caglio. Ein Starter pro Minute rollt über die vor der imposanten Bergkulisse aufgebaute Startrampe. Da es inzwischen gut 15°C und sonnig ist, wird noch schnell die Jacke im Auto verstaut und schon stürzen wir uns ins nächste Bachbett mit kniehohen Steinen. Es wird nicht das letzte Mal an diesem Tag sein, dass die Trialmotorräder eher im Stil eines Hardenduro durch die Verbindungsetappen gewuchtet werden. Bis auf ca. 2 Km Straße sind alle Streckenabschnitte meist nur lenkerbreit und es gibt kaum einen Meter auf dem nicht mindestens ein faustgroßer Stein oder eine dicke Wurzel die Fuhre unruhig macht. Locker und beweglich ohne Lenkerdruck in den Rasten stehen ist zwingend notwendig. Sowas kennen wir von zu Hause gar nicht. Dem entsprechend gab es schon bald konditionsbedingte Ausfälle. Die teils sehr steilen stufigen Auf und Abfahrten sind definitiv nicht Anfängertauglich. Höhenangst sollte man bei nur reifenbreiten Spuren im Schräghang auch nicht haben. Mein Ziel war es ruhig, möglichst kraftsparend durchzufahren und in Wertung anzukommen.
Die Sektionen selber waren in der untersten Schwierigkeitsklasse mit den mittleren Spuren im deutschen Klassiktrial vergleichbar. Die 17 Sektionen fand ich alle gut fahrbar, von losem Waldboden, gerölligen aber trockenen Bachbetten, bis zu einer Bachauffahrt mit sicher 20 Meter Höhenunterschied war es sehr abwechslungsreich. Mit den extra Schleifen zu den Aussichtpunkten bin ich an diesem Tag etwa 23 km gefahren und war etwas über 5 Stunden unterwegs. Den frühen Abend ließen wir dann in der örtlichen Bar mit Kaltgetränken und Pizza ausklingen. In der Ferienwohnung war dann schnell Ruhe, war ja auch ein anstrengender Tag.
Der Sonntag begann dann mit einer Warteschlange im Regen, die aber sicher um die Hälfte kürzer ausfiel als am Samstag. Selbst die eigentlich wettererprobten Engländer waren weniger. Die erste Schwierigkeit stellte die glitschige Startrampe aus Holz dar. Aussicht gab es diesmal keine und die Fünfen an der Rampe wurden auch nicht geknippst. Zum Glück hat der Regen kurz nach dem Start aufgehört und später kam auch noch die Sonne raus. Die Strecke war erstaunlich trocken, aber die Sektionen wurden etwas angezogen. 15 Sektionen vom Vortag wurden leicht verändert und 5 neue sind auf der etwas veränderten Strecke dazugekommen. Auch ohne die Aussichtspunkte bin ich an diesem Tag in den 6 Stunden mehr als 1150 Höhenmeter und ca. 26 km gefahren. Der Start in Caglio war auf ca. 600m ü. NN und es ging noch 200m runter sowie zwei mal auf über 1000m hoch.
Punktemäßig war ich mit etwas mehr als 30 Punkten aus 37 Sektionen mehr als zufrieden. Die Kondition hat auch gepasst. Etwas Training im Winter und einige 100km Mountainbike schaden nicht und führen am Ende zu mehr Fahrspaß. Dieser wurde dann am Ende, nach dem gemeinsamen Essen im Festzelt, mit einem Pokal belohnt. Ich weiß bis heute nicht für welche Platzierung, da in den italienischen Listen nur Lizenzfahrer auftauchen. In meiner Klasse „Pre 75“ waren aber nicht sehr viele unterwegs, echte Pre65 Motorräder waren bis auf einige modifizierte nicht dabei. Auch moderne Motorräder waren erlaubt und die höheren Klassen sahen auch für diese interessant und fahrbar aus. Entsprechendes Können und Kondition vorausgesetzt.
Die Rückfahrt am Montag haben wir dann in den vom Navi geplanten 9 ½ Stunden geschafft. Allerdings sind wir dafür, um den Berufsverkehr in Como zu umgehen, um 5 Uhr aufgestanden.
Wenn es passt bin ich im nächsten Jahr wieder dabei oder es ergibt sich eine andere Möglichkeit unbekannte Gipfelkreuze anzufahren.
Danke an Uwe und Henning, dass Ihr mich mitgenommen habt.
Michael Tubes














